
Technologie-Transfer.
Bei Fujitsu schreibt man Herkunft groß: Notebooks und Tablets des Herstellers werden noch immer vorwiegend in Japan gefertigt. planet durfte in einer Fujitsu-Fabrik hinter die Kulissen schauen und eine Sendung begleiten – bis an Bord eines Frachters von Lufthansa Cargo auf Tokios Flughafen Narita.
Wer in Japan den maximalen Kontrast zur Megacity Tokio erleben möchte, ist in der Präfektur Shimane am richtigen Ort. Die Region ganz im Westen der Hauptinsel Honshu ist eine der am dünnsten besiedelten Regionen Japans. Städtchen schmiegen sich an bewaldete Bergrücken, in der Ebene kultivieren die Bauern Reis. Gasthäuser servieren Sashimi vom Fisch Nodoguro, besonders zart und fangfrisch aus dem nahen Japanischen Meer. Gleich zwei besondere Orte hat die Stadt Izumo zu bieten: einen der wichtigsten Schreine zu Ehren von Japans Shinto-Gottheiten – und ein Werk von Fujitsu.

In dem zweigeschossigen Bau auf einer Anhöhe beschäftigt der Technologiekonzern rund 1.200 Menschen. Sie produzieren Notebooks und Tablets für den heimischen Markt und den Export. 2014 waren es rund zwei Millionen Stück. Im unteren Stockwerk entstehen die Hauptplatinen für die Geräte, gefertigt wird in einer riesigen Halle im Obergeschoss.
Blitzsauberer Linoleumboden spiegelt kühles Licht wider.
Herzstück der Produktion sind 20 Bänder, die sich mit sanftem Klackern bewegen. Auf jedem Band entsteht eine ganze Reihe unterschiedlicher Produkte. Deren Abfolge ergibt sich aus den Auftragseingängen. Fujitsu produziert nur Geräte, für die bereits Bestellungen vorliegen.

Die Fertigung ist auf maximale Effizienz getrimmt.
Ganz gleich, welches Modell: Alle durchlaufen auf dem Band bis zu 18 Schritte. Die ersten bis zu zwölf ergeben den eigentlichen Fertigungsprozess. Hier dominiert manuelle Arbeit. So befreit an Position 1 ein Arbeiter – hellgraue Jacke mit blauen Schulterteilen, Mundschutz sowie Hausschuhen, wie sie hier alle bis hinauf zum Fabrikleiter tragen – blitzschnell Gehäuseunterseiten von Schutzfolie.
Diese lässt er ebenso flink in einer Kiste unterm Band verschwinden. Ein paar Meter weiter werden an mehreren Positionen mit elektrischen Schraubern Teile verbunden – unter den Augen einer Kollegin, deren purpurfarbene Armbinde sie als Vorarbeiterin kennzeichnet. Über einem der Arbeiter prangt ein gelb-grüner Pfeil: in Japan der Hinweis, dass es sich um einen Lehrling handelt.

Im letzten Drittel des Bandes wird, vorwiegend automatisiert, geprüft und dann verpackt. Eine dieser Positionen besteht aus einer schwarzen Box mit der Aufschrift „Visual & Sound Tester“. Danach gleiten die geöffneten, angeschalteten Notebooks unter einer Apparatur mit Stiftchen hindurch, die auf die Tastaturen tackern.
Finaler Schritt: Verpackt in Kartons und mit Barcode-Aufklebern versehen rutschen die Geräte in einen Metallkorb – griffbereit für einen Arbeiter, der mit einem Wägelchen anrollt und die versandfertigen Produkte zum Logistikbereich bringt.
Derweil eilen andere Arbeiter mit Handwagen zur Rückseite des Bandes. Dort bestücken sie alle Positionen mit Bauteilen aus der nahen Picking-Zone in der richtigen Menge – ein sich stetig wiederholender Kreislauf.

Eine Besonderheit des Werks ist auch für Besucher sichtbar: Hier produziert man mit maximaler Effizienz. Jeder noch so kleine Handgriff sitzt – auch deshalb, weil sich das Band in exakt definierter Geschwindigkeit an der Reihe von Arbeitern vorbeibewegt. Zu Beginn jedes Bands befindet sich ein Monitor, der alle 18 Positionen anzeigt – im Regelfall durch grüne Rechtecke. Bei der geringsten Abweichung vom Prozess wird das Rechteck an der entsprechenden Position zunächst gelb und schließlich rot, begleitet von einer Melodie, die nach Computerspiel klingt.
All das bedeutet: Bei Shimane Fujitsu Limited, so die Firmierung des Standorts, arbeitet man nach den Prinzipien von Kaizen.

All das bedeutet: Bei Shimane Fujitsu Limited, so die Firmierung des Standorts, arbeitet man nach den Prinzipien von Kaizen. Die andere Besonderheit des Werks besteht darin, dass hier überhaupt produziert wird. Denn die Mehrzahl der japanischen IT- und Elektronikhersteller hat ihre Fertigungsstätten längst nach China oder andere ostasiatische Länder verlegt.
„Wir verkaufen unsere Produkte zu 60 bis 70 Prozent innerhalb Japans, etwa die Hälfte unserer Kunden hier sind Unternehmen“, sagt Susumu Nikawa, Senior Vice President, Personal Systems Business Unit. Der Wunsch nach größtmöglicher Nähe zu den Abnehmern im eigenen Land sowie Qualitätserwägungen – das sind zwei wichtige Faktoren, die Fujitsu bewogen haben, weiter in Japan zu produzieren.

Beim Export setzt Fujitsu vorrangig auf Luftfracht.
Einen dritten Grund erläutert Masahiko Naito, Senior Vice President Supply Chain Management, Personal Systems Business Unit: „Die Nachfrage nach Produkten, wie wir sie herstellen, schwankt enorm. Würden wir in China produzieren, bräuchten wir jedes Mal Wochen, um die Lieferketten zu justieren. Unsere Werke in Japan machen uns viel reaktionsschneller.“
Ein gutes Dutzend Standorte zur Fertigung und Entwicklung unterhält der Konzern in Nippon. Insgesamt liegt der Anteil der Fujitsu-Produkte „Made in Japan“ bei bis zu 70 Prozent. Fujitsu zählt zu den Global Playern: Rund 36 Milliarden Euro Umsatz wurden im Wirtschaftsjahr 2014 verbucht. Weltweit hat der Konzern mehr als 160.000 Mitarbeiter. Allein in Deutschland gibt es mehr als ein Dutzend Standorte, darunter die derzeit einzige PC-Fertigungsstätte der Republik in Augsburg. Produkte von Fujitsu gelangen zu Kunden in über 100 Ländern. Die wichtigsten Märkte für Exporte aus Japan sind Deutschland und die USA, gefolgt von Hongkong, Südkorea und Mexiko.

Hier kommt die Luftfracht ins Spiel und damit auch Lufthansa Cargo. „Auch für den Export produzieren wir erst, wenn die Bestellungen vorliegen“, sagt Masahiko Naito. „Für kürzestmögliche Lead Times ist Luftfracht daher entscheidend.“ Der Anteil der Produkte, die Fujitsu in Frachtern und den Bellys von Passagierjets aus Japan ausführt, beträgt seit Jahren 90 Prozent und mehr. Lufthansa Cargo hat im Wirtschaftsjahr 2013 Waren mit einem Gesamtgewicht von annähernd 2.000 Tonnen für den Technologiekonzern transportiert – vorwiegend von Japans wichtigstem Luftfracht-Drehkreuz Tokio-Narita zu dessen deutschem Pendant in Frankfurt.
„Obwohl vorwiegend indirekter Kontakt besteht, ist Fujitsu seit jeher einer unserer größten Kunden“, sagt Hiroshi Sogo, Regional Manager Eastern Japan bei Lufthansa Cargo. „Und ich gehe davon aus, dass man auf unsere Dienstleistungen vertraut.“ Dienstleistungen, die durch die Kooperation mit All Nippon Airways (ANA) nochmals umfangreicher geworden sind. „Durch das Joint Venture können wir noch mehr Flüge ab Tokio anbieten. Der Kunde gewinnt dadurch nicht nur an Kapazität, sondern auch an Flexibilität.“

Exporte aus Izumo, vorwiegend Notebooks, gelangen auf der Straße nach Narita. Zwei Tage sind dafür veranschlagt. Heute wird ein 12-Tonner mit zehn neutralen Pappkisten beladen. Auf die noch freien Plätze kommen sechs Kisten für den japanischen Markt, die der Fahrer in einem Lagerhaus in Tokio abzuliefern hat. Auf dem Weg dorthin passiert er den Ballungsraum Osaka-Kobe-Kyoto und die Metropole Nagoya, aber auch den Berg Fuji, der seit 2013 zum Unesco-Welterbe zählt.

Rund 850 Autobahnkilometer weit ist die Fahrt bis zum Narita International Airport, der rund 65 Kilometer östlich von Tokios Stadtkern liegt. Dort ist zwei Tage später längst die Dunkelheit hereingebrochen, als die MD-11F aus Frankfurt über das Vorfeld rollt.

Um 19.00 Uhr kommt sie an ihrer Position auf dem Vorfeld zum Stehen. Ein eisiger Wind fegt Nieselregen über das Areal, das selbst gewaltige Laternen nur punktuell erhellen. Sofort beginnt die Handling-Crew der ANA mit der Entladung der Maschine. Neben reichlich Kisten auf Paletten wird aus dem oberen Frachtraum auch ein schwarzer Mittelklasse-Pkw gezogen.

Die Kartons mit den Notebooks aus Shimane stehen derweil im nahen Warehouse zum Einladen bereit, sicher auf Luftfrachtpaletten verzurrt und mit durchsichtiger Folie gegen den Regen geschützt. Weniger als 2,5 Stunden vergehen, bis die MD-11F wieder voll beladen ist. Die Mannschaft wird im Bus an die Maschine gefahren. Startzeit ist 21.40 Uhr – an Bord: Notebooks von Fujitsu, „Made in Japan“.
Fujitsu – Qualität seit 80 Jahren.
Am 20. Juni 1935 wird die Fuji Tsushinki Manufacturing Corporation gegründet, die schon im ersten Jahr 700 Mitarbeiter hat. Bald darauf macht man sich als „Fujitsu“ einen Namen, die offizielle Umbenennung erfolgt 1967. Schon 1942 wird im großen Stil mit der Produktion von Telefonen gestartet. Zwölf Jahre später bringt Fujitsu Japans ersten Computer auf den Markt: den FACOM 100. Der Modellname FACOM für stetig weiterentwickelte Computer wird bis in die 80er-Jahre genutzt.
1999 geht Fujitsu Joint Ventures mit Hitachi (Entwicklung, Produktion und Vermarktung großformatiger Plasma-Displays) und Siemens ein (europäischer PC-Markt). Seit 2009 bietet Fujitsu „Green Business Solutions“ an und gilt heute in der IT- und Telekommunikationsbranche als einer der Umwelt-Vorreiter.
Fotos:
Joshua Liebermann
Fujitsu – Qualität seit 80 Jahren.
Am 20. Juni 1935 wird die Fuji Tsushinki Manufacturing Corporation gegründet, die schon im ersten Jahr 700 Mitarbeiter hat. Bald darauf macht man sich als „Fujitsu“ einen Namen, die offizielle Umbenennung erfolgt 1967. Schon 1942 wird im großen Stil mit der Produktion von Telefonen gestartet. Zwölf Jahre später bringt Fujitsu Japans ersten Computer auf den Markt: den FACOM 100. Der Modellname FACOM für stetig weiterentwickelte Computer wird bis in die 80er-Jahre genutzt. |
1999 geht Fujitsu Joint Ventures mit Hitachi (Entwicklung, Produktion und Vermarktung großformatiger Plasma-Displays) und Siemens ein (europäischer PC-Markt). Seit 2009 bietet Fujitsu „Green Business Solutions“ an und gilt heute in der IT- und Telekommunikationsbranche als einer der Umwelt-Vorreiter. |
Fotos:
Joshua Liebermann