Denim Deluxe.
„Mode für alle“ könnte das Motto der Otto Group sein. Damit die Qualität stimmt, ist die Tochter Hermes-Otto International in Asien und Europa stets auf der Suche nach Top-Produzenten und der effizientesten Lieferkette.
Millionen Deutsche sind mit ihm groß geworden: dem Otto-Katalog. Mode für Jung und Alt, für Trendsetter und Traditionsbewusste, für Sie und Ihn. Der Foliant der Wirtschaftswundergesellschaft ist für den Deutschen, was der Sears Catalog für den Amerikaner oder der Kays Catalogue für den Engländer ist.
Doch der Wälzer ist in der Otto Group längst nicht mehr State of the Art. Die Hamburger haben die Zeichen der Zeit gesehen und geben quasi täglich einen neuen Katalog heraus. Online. Denn E-Commerce hat die klassische Bestellung abgelöst. Bereits 1993 ließ der Einkaufschef den Otto-Katalog digitalisieren und ebnete seinem Arbeitgeber so den Weg in die Shopping-Zukunft.
Die gedruckte Ausgabe gibt es zwar bis heute, aber mehr als PR-Instrument für ein wachsendes Portfolio. Zahlreiche Marken verbergen sich hinter dem Namen Otto Group: Brands für Mode wie bonprix, Lascana und Limango, aber auch für Spielzeug oder Finanzdienstleistungen.
Auch Michael Dumke liest die Zeichen der Zeit. Er ist Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Hermes-Otto International (HOI) in Hongkong. Seine Aufgabe: dafür sorgen, dass Textilien oder Schuhe von den besten Zulieferern produziert werden.
Sourcing Service nennt sich das Business. Beschaffung ist die wichtigste Tätigkeit, doch Dumke betont: „Wie unser Mutterkonzern mussten wir uns weiterentwickeln. Früher haben wir einen Produzenten gesucht und die Bestellung abgewickelt, damit war unsere Arbeit getan.“ Heute bietet HOI auch Produktentwicklung, Qualitätsmanagement, Audit Services und Supply Chain Management. Kunden sind neben Otto viele weitere Marken, darunter Ernsting’s family, QVC, HSE24 und das Versandhaus Klingel.
Wie sieht eine klassische Abwicklung aus? „Da gibt es zwei Wege“, erklärt Michael Dumke. „Bei einer Nachbestellung ist eigentlich alles bereits geregelt, da exakt das gleiche Produkt neu geordert wird. Komplexer wird es, wenn ein Kunde ein neues Fabrikat platzieren möchte. Anhand eines Musters suchen unsere Mitarbeiter dann aus dem rund 1.000 Lieferanten umfassenden Portfolio den am besten geeigneten aus.“
Schließlich wird die Bestellung platziert – und überwacht. „Bevor der Kunde irgendetwas sieht, durchlaufen die Muster unsere strenge Qualitätskontrolle“, so Dumke. Ist ein Muster freigegeben, beginnt die Produktion, begleitet von ständigen Qualitätsprüfungen. Bis die Ware an den Kunden ausgeliefert wird. „Wir bieten Service bis ins kleinste Detail an. Nehmen Sie die Maßkontrolle: Wir überprüfen Maße und Fitting, vorwiegend an Dummys, aber auch mit Models.“ Weitere Leistung: Audits der Fabriken.
25 Mitarbeiter von Hermes-Otto International sind ausschließlich für die Compliance zuständig. „Dem Verbraucher ist es immer wichtiger zu wissen, dass seine Kleidung aus Fabriken kommt, die Sozialstandards einhalten“, so Dumke. Produziert wird vorwiegend in China, der Preisdruck zwingt aber zu alternativen Standorten wie Myanmar, Bangladesch und Kambodscha. Die Qualitätsstandards, auch das Soziale betreffend, müssen jedoch überall gegeben sein.
„Hongkong hat seit Jahren keine eigene Produktion mehr“, sagt Queenie Wong, General Manager Global Shipping bei HOI. Doch weil Zoll und Luftfrachtregelungen im Hongkong-chinesischen Markt wesentlich weniger komplex sind, ist die Metropole und Sonderverwaltungszone weiterhin Drehkreuz für die Textilindustrie. Immer mehr Produktion wandert auch in den zentralen Norden des chinesischen Riesenreichs – ebenfalls getrieben vom Preis. Doch der Süden Chinas ist nach wie vor für seine Jeansstoffe bekannt und geschätzt.
Hat ein Produzent einen Auftrag erhalten, geht beim Unternehmen die Lawine los: Accessoires und Stoffe werden bestellt, Abmessungen durchgegeben, Musterfabrikate hergestellt, schließlich die Produktion angestoßen. 100 Mitarbeiter einer südchinesischen Fabrik können pro Monat bis zu 80.000 Stücke produzieren. Von dort treten sie ihren Weg in die Zielmärkte an.
Hier kommt erneut HOI ins Spiel. „Selbstverständlich ist es aus Kostengründen unser Wunsch, Luftfracht zu vermeiden“, so Wong. „Dennoch ist die Luftfracht ganz wesentlich in unserem Geschäft.“ 10 bis 20 Prozent der jährlichen Tonnage werden nicht auf See nach Europa gesendet, sondern im Flieger: eilige Nachbestellungen, wichtige Kollektionen, dringend benötigte Stoffe. „Schnelligkeit bestimmt unser Geschäft“, sagt Dumke. „Wir müssen den Lieferrhythmus so auf den Punkt planen, dass unter keinen Umständen eine Bestellung verspätet ankommt.“ Logistik ist daher wesentlicher Erfolgsfaktor.
Damit die Qualität bei der Luftfracht stimmt, ist Lufthansa Cargo ein wichtiger Partner. „Deutschland wird oft für seine viel gerühmte Pünktlichkeit belächelt“, erzählt Cindy Yu, die beim Frachtkranich in Hongkong für Business Development zuständig war, ehe sie Anfang des Jahres ihre Position als Regionalleiterin für Südchina in Guangzhou antrat.
Doch wenn es hart auf hart kommt, zahle sich diese Tugend aus, so Yu: Wo andere Airlines auch mal Fluggerät am Boden lassen, bis die Kapazitäten ausgefüllt sind, schickt Lufthansa Cargo die Fracht „on time“ los – die Einhaltung von Qualität und hohem Standard geht eben vor.
„Unsere Kunden schätzen diese Verlässlichkeit sehr.“ So auch Hermes-Otto International. Denn egal welcher Trend gerade vorherrscht, ob klassische oder hippe Mode gefragt ist: Das internationale Unternehmen mit deutschen Wurzeln will weiter verlässlich die Zeichen der Zeit lesen.
„Wir mussten uns weiterentwickeln.“
Michael Dumke ist Geschäftsführer von Hermes-Otto International (HOI) – eine anspruchsvolle Aufgabe.
1.000 Lieferanten umfasst das Portfolio von Hermes-Otto International. Viele sitzen in China, doch Myanmar, Bangladesch, Kambodscha und auch Europa werden immer wichtiger
Farben der Saison: Otto bietet seit Jahrzehnten Mode für Trendsetter ebenso wie für Kunden, die sich am liebsten klassisch kleiden.
Die Expertin.
Ein wichtiger Denim-Produzent und Lieferant für Hermes-Otto International ist das Unternehmen Kai Yip Industrial. Dessen Merchandising-Managerin Angel Lam (l.) ist eine erfahrene Beraterin. „Ist sich ein Besteller mal nicht sicher, wo genau die Taschen seines Hosenmodells hin sollen, gebe ich gern Ratschläge“, erklärt sie.
„Jeans sind spannend: Jeder trägt sie, jeder mag sie, es gibt sie in allen Farben und Waschungen.“ Mit dieser Überzeugung ist Angel Lam mit Kai Yipfester Bestandteil im Produzenten netz von HOI geworden.
10–20 Prozent der jährlichen Tonnage gelangen per Luftfracht nach Europa.
Viele Auftraggeber: Hermes-Otto International arbeitet für den Mutterkonzern, aber auch für Marken wie Ernsting’s family und Klingel.
Bis ins Detail: Hermes-Otto International kümmert sich auch um die Qualitätskontrolle – und um eine leistungsfähige Supply Chain.
Nachhaltigkeit zählt: Immer mehr Verbraucher wünschen Kleidung aus Fabriken, in denen die Sozialstandards eingehalten werden.
Photos:
Gareth Brown