Asset-Herausgeber

Story Image

Hyperagil.

HERR DIREKTOR, WIRD WARR HYPERLOOP DEMNÄCHST EINE RÖHRE ÜBER DEN ATLANTIK BAUEN UND DEN FRACHTAIRLINES DAS TRANSATLANTIK - GESCHÄFT WEGNEHMEN?

Paul Direktor: Vielleicht nächstes Jahr, aber Spaß beiseite: Hyperloop ist keine Konkurrenz zur Luftfracht, sondern könnte in Zukunft eine Ergänzung werden, zum Beispiel als Express- oder Zulieferlösung, um Luftfracht-Drehkreuze noch effizienter zu machen.

Dorothea von Boxberg: In besonders überlasteten Verkehrsgebieten könnte Hyperloop Transporte auf der Straße ersetzen. Kurz- und Mittelstrecken sind das Feld, in dem sich Hyperloop-Lösungen beweisen könnten. Man darf nicht vergessen: Die längste Hyperloop- Röhre von Elon Musk misst heute nur etwas mehr als einen Kilometer.

Paul Direktor: In der Schweiz arbeitet ein Uni-Team der ETH Zürich unter dem Titel Swissloop bereits an der Implementierung eines Pakettransportsystems mit Vakuumröhrentechnologie. Die Schweizer sind ja große Tunnelbauer.

Dorothea von Boxberg: Hyperloop ist zwar keine Technologie, die wir in naher Zukunft kommerzialisiert am Markt sehen werden. Aber es ist beeindruckend, wie viele Ideen dazu in den vergangenen Jahren entstanden sind! Eine Verteilung durch Hyperloop auf der „Letzten Meile“ vom Flughafen in die Großstädte könnte zum Beispiel
E-Commerce-Sendungen erheblich beschleunigen.

WAS FASZINIERT SIE AN DER „SPACEX HYPERLOOP POD COMPETITION“?
Paul Direktor: Wir haben hier die Gelegenheit, etwas absolut Neues zu bauen. Wir sind sozusagen die Speerspitze der technischen Innovation. Nach den ersten Erfolgen hat die Industrie angefangen, sich für uns zu interessieren und uns zu unterstützen. Das ist praktische Erfahrung, die man im Studium nicht vermittelt bekommt. Einfach fantastisch!

Dorothea von Boxberg: Es ist faszinierend zu sehen, welche enormen Entwicklungen diese selbst organisierten studentischen Teams erreicht haben – vor allem, wenn ich dies mit der typischen Projektdauer im Großkonzern vergleiche.

WAS WAR FÜR SIE EINE EINSCHNEIDENDE ERFAHRUNG, ALS IHRE STUDENTENINITIATIVE PLÖTZLICH MIT UNTERSTÜTZERN AUS DER

INDUSTRIE ZUSAMMENARBEITEN MUSSTE?
Paul Direktor: Die Laufzeiten. Für viele Firmen sind interne Verarbeitungszeiten von über vier Wochen zum Beispiel bei Rechnungen völlig normal. Bei uns im Team kann in diesen vier Wochen ungefähr alles passieren.

WAS IST DAS NEUE AN DEN HEUTIGEN HYPERLOOPKONZEPTEN IM VERGLEICH ZU DENEN VON VOR 15 JAHREN WIE BEISPIELSWEISE CARGO CAP, ÜBER DIE WIR DAMALS SCHON IM „PLANET“ BERICHTET HABEN?
Paul Direktor: Neu ist vor allem die Vakuum-Technologie, die viel höhere Geschwindigkeiten ermöglicht. Außerdem das Engagement eines namhaften Entrepeneurs, also in unserem Fall Elon Musk, der sich nachhaltig für die Implementierung einsetzt und global für Aufmerksamkeit sorgt.

KRITIKER SAGEN, MUSK MACHT ZU VIEL GETÖSE …
Paul Direktor: Das kann jeder selbst beurteilen. Mich jedenfalls faszinieren seine Erfolge – wie er es schafft, durch seine Elektroautos den Markt zu revolutionieren, das ist schon toll. Sobald die Massenproduktion funktioniert, werden wir sehen, wie gut er wirklich ist. Auch SpaceX ist bereits seit einigen Jahren profitabel.

Dorothea von Boxberg: Er ist ein beeindruckender Visionär. Viele seiner Ideen sind eben keine inkrementellen Verbesserungen, sondern Moonshot-Ideen. Da ist der Weg zu nachhaltigem Business deutlich schwieriger als bei kleineren Innovationen. Mit seinem Tesla hat er die Automobilindustrie auf jeden Fall ganz schön aufgemischt!

Story Image

Ein Teil des Teams mit seinem aktuellen Pod, der im Juli dieses Jahres bei der 3. Hyperloop Pod Competition mit 467 km/h gewann. Neben dem Speed-Team gibt es bei WARR Hyperloop noch ein „Schwebe“-Team“, das ebenfalls erfolgreich war und die aus dem Transrapid bekannte Technik nutzbar machen will.

WARUM INTERESSIEREN SICH LUFTHANSA CARGO UND WARR HYPERLOOP FÜREINANDER? WOLLEN SIE INVESTIEREN, FRAU VON BOXBERG?
Dorothea von Boxberg:WARR Hyperloop ist eine studentische Initiative, kein Start-up. Dementsprechend könnten wir im Augenblick gar nicht investieren. Wir unterstützen die Studenten, da wir an einem Austausch über die Technologie interessiert sind und an Menschen, die so ein Engagement und solche Fähigkeiten mitbringen.

Paul Direktor: Lufthansa Cargo ist ein gut vernetztes, global agierendes Unternehmen. Uns geht es um Wissensaustausch und darum, erste Business Cases für Deutschland zu entwickeln.

ES GEHT ALSO NICHT NUR UM PR?
Paul Direktor: PR spielt eine Rolle, ist aber nicht alles. Für Lufthansa Cargo wie für die gesamte Logistikbranche muss es interessant sein zu wissen, was in der Hyperloop- Industrie passiert, um darauf frühzeitig reagieren zu können.

Dorothea von Boxberg: Wir waren mit dem WARR-Hyperloop-Team schon vor den Sponsoren- Events in Kontakt. Aber wenn es jemand nur als PR werten will, hindere ich ihn nicht daran.

WELCHE INNOVATIVEN IDEEN IM LOGISTIKSEKTOR JENSEITS VON HYPERLOOP FINDEN SIE ZURZEIT SPANNEND? 
Paul Direktor: Ideen gibt es viele. Blockchain bietet nach meiner Wahrnehmung viel Potenzial für die Validierung von Lieferketten. Das ist spannend für die sehr arbeitsteilige Luftfrachtbranche mit ihren vielen weit verstreuten Playern. Amazons Beehive könnte die Lager logistik revolutionieren. Dazu gehört dann auch das Thema Schwarmintelligenz von Drohnen.

DIE LOGISTIKBRANCHE GILT ALLERDINGS NICHT GERADE ALS AUSBUND AN INNOVATIONSFREUDE …
Dorothea von Boxberg: Stimmt. Manche Themen dauern wirklich ewig, zum Beispiel der Rollout des eAir Waybills.

Paul Direktor: Alle Branchen befinden sich aktuell in einem starken Wandel durch die Digitalisierung. Auch die Logistik ist da keine Ausnahme und wird sich darauf einstellen müssen.

Dorothea von Boxberg: Das tun wir. Predictive Analytics, also die Auswertung von Daten, um Aussagen für die Zukunft zu gewinnen, ist bei Lufthansa Cargo schon kurz vor der Anwendung. Dabei geht es unter anderem darum, dass selbst lernende Algorithmen Preise festlegen. Wir stellen einige unserer Services bereits über API-Schnittstellen zur Verfügung, und diese werden von mehreren Plattformen genutzt, die Angebote in einer Vergleichsübersicht darstellen. In anderen Industrien ist das zwar nichts Besonderes. Aber in der Luftfracht ist das durchaus innovativ. Mein generelles Ziel ist es, unseren Kunden unser Angebot effektiv und einfach zur Verfügung zu stellen. Da haben wir noch einiges zu tun.

WAS BRINGT IHNEN DER BESUCH BEI WARR HYPERLOOP FÜR DIE ABARBEITUNG DER AKTUELLEN LUFTHANSA CARGO AGENDA?
Dorothea von Boxberg: Der Spirit ist toll und eine sehr gute Ergänzung zum legendären Cargo-Spirit. Aktuell arbeiten wir daran, unser Angebot digitaler und einfacher verfügbar zu machen. Bisher gibt es in der Luftfrachtindustrie noch sehr viele manuelle Prozesse: bei der Buchung, bei der Quotierung von Preisen, aber auch beim Informationsfluss, der eine physische Sendung begleitet. Dadurch bekommen unsere Kunden keine Echtzeit-Informationen, es fehlt oft die Transparenz, und es entstehen auch Fehler. In den nächsten Jahren soll das bei uns deutlich besser werden!

Story Image

Der erste Pod von WARR Hyperloop war aufgrund seines Designs erfolgreich. Vorn befindet sich ein Kompressor, der den Luftwiderstand im „Fast“-Vakuum minimiert

FRAU VON BOXBERG, SIE SIND DER NEUE VORSTAND FÜR PRODUKT UND VERTRIEB. WAS KANN MAN FÜR DAS PRODUKT VON INITIATIVEN WIE WARR HYPERLOOP ODER START-UPS LERNEN?
Dorothea von Boxberg: Erfolgreiche Produkte richten sich an den Bedürfnissen der Kunden aus und werden in der versprochenen Qualität geliefert. Von Start-ups können wir lernen, dass ein Produkt nicht zu 100 Prozent perfekt sein muss, wenn man es neu auf den Markt bringt. Mit einem schnellen „minimum viable product“ kann man durchaus wertvolle Erfahrungen sammeln und das Produkt dann weiter verbessern. Der Kunde muss dabei nur wissen, auf was er sich jeweils einlässt.

IST DER AUSTAUSCH MIT START-UPS WICHTIG, UM ATTRAKTIV FÜR NACHWUCHSKRÄFTE ZU SEIN?
Dorothea von Boxberg: „Employer Branding“ ist nicht der Hauptaspekt bei unserem Austausch. Es geht uns vorrangig um die Ideen selbst, die Technologien, die Haltung, dass schnelles Wachstum möglich ist, und um die Arbeitsweise. Manchmal haben wir uns in unserer Branche schon zu sehr daran gewöhnt, dass Dinge ihre Zeit benötigen. Studenten oder Start-ups, die das Gegenteil beweisen, sind da sehr erfrischend! Mit „digital natives“ zusammen zu sein ist auch für mich persönlich eine gute Schule.

ZURZEIT MEHREN SICH NEGATIVE WIRTSCHAFTS - MELDUNGEN – STRAFZÖLLE, EU-SKEPTIZISMUS ETC. IST DA ÜBERHAUPT NOCH PLATZ FÜR INNOVATOREN WIE SIE, HERR DIREKTOR?
Paul Direktor: In einer funktionierenden Marktwirtschaft muss es immer Platz für Innovation und Aufbruchsstimmung geben, ansonsten wäre das ein sehr schlechtes Zeichen.

MACHEN SIE WARR HYPERLOOP AUCH, WEIL SIE DAMIT IRGENDWANN MAL REICH WERDEN WOLLEN?
Paul Direktor: Nein. Aus Begeisterung für das Projekt. Aktuell arbeiten wir neben dem Studium in unserer Freizeit, viele von uns mehr als 60 Stun den pro Woche. Und das, obwohl wir dafür nicht bezahlt werden.

IST EIN KULTURELLER WANDEL IN EINEM TRADITIONSUNTERNEHMEN WIE LUFTHANSA CARGO MÖGLICH?
Dorothea von Boxberg: Wir haben in den vergangenen Jahren viel verändert: die Organisation, unsere Prozesse, wir arbeiten gezielter mit Start-ups zusammen, bei Projekten kommen wir zunehmend von einer Wasserfall-Vorgehensweise zu agiler Entwicklung. Und die Veränderung geht noch weiter – wir sind mittendrin.

VIELEN DANK FÜR DAS GESPRÄCH!

Story Image

Das beeindruckte auch Elon Musk: Der dritte Pod von WARR Hyperloop war schneller als der Pusher-Pod von SpaceX und Tesla.

Fotos: WARR Hyperloop, Matthias Aletsee